Leidenschaft Essen und Trinken
Essen im Zusammenhang mit Festen
und Feierlichkeiten in Frankreich
Weihnachten: Galette des Rois
Die Feierlichkeiten rund um Weihnachten enden in
Frankreich, wie in anderen Ländern auch, am Dreikönigstag, an "Epiphanie".
An diesem Tag gedenkt man der Heiligen drei Könige, Caspar, Melchior und
Balthasar, die dem Jesuskind in der Krippe Weihrauch, Myrrhe und Gold als
Geschenke brachten.
Das Dreikönigsfest wird normalerweise am 6.
Januar gefeiert. In Frankreich hat man diesen Feiertag jedoch vor ein paar
Jahren auf den ersten Sonntag im Januar festgelegt, da an diesem Tag die
Schulferien enden und somit kein weiterer Feiertag entsteht.
Der Ursprung des Dreikönigsfestes hat zunächst
nichts mit Religion zu tun. Es geht wohl zurück in die Zeit der Römer,
die Ende des Jahres das Fest "Saturnalien" zu Ehren des Wettergottes
Saturn feierten. An diesem Tag standen Essen und Trinken und ausgelassenes
Feiern im Mittelpunkt, wobei auch die Sklaven mit einbezogen wurden und der
Standesunterschied zwischen ihnen und den Herren für diesen Tag aufgehoben
wurde. Es wurde neben anderen Speisen auch ein Kuchen geteilt, in dem eine Bohne
versteckt war. So konnte auch ein Sklave für einen Tag einmal König
sein, wenn er die Bohne in seinem Stück fand, und hatte dann das Recht
bedient und gefeiert zu werden.
In Frankreich begann die Tradition des Teilens eines
Kuchens im 14. Jahrhundert, wahrscheinlich zurückgehend auf Mönche von
Besançon im Osten Frankreichs. Sie versteckten um die Weihnachtszeit eine
Münze in einem Kuchen, der Finder wurde das Oberhaupt der Mönche.
Gilden und Zünfte übernahmen als erste diesen Brauch, der dann schon
bald in den Familien Einzug hielt. Und weil es immer zu der Zeit war, als die
Heiligen drei Könige das Jesuskind beglückten, nannte man diesen
Kuchen "Königskuchen" (auf französisch "Galette des
Rois"). Erst auf dem Konkordat von 1801 wurde der 6. Januar als Datum für
das Fest Epiphanie festgelegt. Zu Zeiten der französischen Revolution wurde
der Dreikönigstag in das "Fest der guten Nachbarschaft"
umgewandelt und die Galette-des-Rois zum "Kuchen der Gleichheit"
ernannt. Danach aber nahm er wieder die ursprüngliche Tradition an.
In dem Kuchen versteckte man eine Bohne als Symbol der
Fruchtbarkeit. Dann versammelt man sich zur traditionellen Galette-Feier um
einen festlich geschmückten Tisch und der Königskuchen wurde in so
viele Teile wie Anwesende geteilt plus einem weiteren Stück. Dies wurde und
wird als "Part du bon dieu" oder als "Part de la vierge"
bezeichnet, als das "Liebe-Gott-Stück" oder als "Anteil der
Jungfrau Maria", oft auch nur als das "Armenstück". Das
bekommt dann ein überraschender Gast oder jemand, der sich selber keinen
Kuchen leisten kann. Der Jüngste muss unter den Tisch und er nennt dann
anonym den Namen eines oder einer Anwesenden, der/die das Stück bekommt,
bis alle außer dem Extrastück vergeben sind.
Der- oder diejenige, der/die das Stück mit der
Bohne (frz. fêve) bekommt, wird der König oder die Königin für
einen Tag und bekommt eine goldene (Papier-)Krone aufgesetzt. Und alle haben
ihm/ihr zu huldigen. Jedesmal wenn der König oder die Königin zum Glas
greift, um einen Schluck zu trinken, rufen alle Anwesenden "Le roi boit"
(der König trinkt). (Der Ausdruck "la reine boit" - die Königin
trinkt, ist uns bis heute nicht untergekommen)
Früher war es auch Tradition im Bistro oder in der
Firma den Königskuchen zu teilen. Wer die Bohne in seinem Stück fand,
musste dann die ganze Zeche bezahlen oder eine Runde ausgeben. Also
verschluckten die Geizigen die Bohne und man schob die Schuld auf den Bäcker,
der vergessen hatte, eine Bohne mit einzubacken. So entstand die Tradition, eine
Porzellanfigur, die man nicht so leicht verschlucken konnte, im Kuchen zu
verstecken. Daraus ist ein riesiger Sammlermarkt (sog. Favophilia - Dreikönigsbohnensammler)
für "Fêve" entstanden, denn nach anfänglich
christlichen Symbolen werden heute die phantasievollsten Figuren von der Mickey
Maus bis zum Fussballspieler verwendet (hergestellt heute fast immer in China).
Aber bitte Vorsicht! Schon mancher hat sich einen Zahn ausgebissen, wenn er
herzhaft in das Kuchenstück gebissen hat.
In Frankreich gibt es grundsätzlich zwei "Galette-des-Rois"
Varianten. Entweder aus Blätterteig mit einer Mandelcreme (Frangipane-Füllung),
die sog. Pariser Galette des Rois, oder aus Briocheteig (Hefeteig), aromatisiert
mit Orangenblüten, mit kandierten Früchten und Zuckerstreusel, die Südfrankreich-Variante.
Jede Region in Frankreich hat aber ein eigenes Galetterezept mit
unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Manchmal gefüllt mit Vanille- oder
Buttercreme und Rumgeschmack, manchmal mit verschiedenen Früchten gefüllt
und manchmal mit Marmelade oder Fruchtfüllung aus Äpfel und Birnen.
Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Dazu trinkt man Cidre (Apfelwein)
oder Blanquette oder, sehr häufig sogar, Champagner.
Die Tradition des "Galette des-Rois"-Festes
gibt es auch in anderen Ländern: In Spanien z.B. gibt es das "Roscón
de Reyes" aus Brotteig, verfeinert mit Orangenblüten, Zitronen- und
Orangenschalen und Brandy. In Italien bringt die "Befana" Süßigkeiten.
Verschiedene andere Bräuche anläßlich des Dreikönigsfestes
gibt es auch in anderen Ländern. In Rußland und anderen osteuropäischen
Ländern ist das Eisbaden ein alter Brauch, nachdem ein Geistlicher das
Wasser gesegnet hat. In Griechenland tauchen Menschen in einen See und suchen
ein Kreuz, das vorher ein Priester hineingeworfen hat. Der Finder soll das ganze
Jahr gesund bleiben. In Deutschland ziehen die "Sternsinger",
verkleidet und geschmückt wie die Heiligen Drei Könige, von Haus zu
Haus, singen Lieder und sammeln Spenden und Süßigkeiten.
In Frankreich ist das "Galette-des-Rois"-Essen
in der Zwischenzeit zu einer wichtigen Tradition geworden. Oft feiert man dieses
Fest sogar mehrmals, denn es ist nicht mehr an den Dreikönigstag gebunden.
Das Zusammenkommen mit der Familie und Freunden spielt dabei eine ganz wichtige
Rolle. Und auch in vielen Vereinen, in Büros oder am Arbeitsplatz trifft
man sich zum gemütlichen Zusammensein und auch um das neue Jahr zu begrüßen
und begießen.
So ist es nicht verwunderlich, dass der
Galette-des-Rois-Markt auch eine große wirtschaftliche Bedeutung besitzt.
Nach Angaben von "France Info" werden jedes Jahr zwischen Weihnachten
und Karneval ca. 60 Millionen dieser Kuchen verkauft. Und die Franzosen lassen
es sich nicht nehmen, ihre Galette-des-Rois auch wirklich beim Bäcker und
Konditor zu kaufen, auch wenn man dort zwischen 12 und 30 Euro pro Galette
bezahlen muss. (Im Supermarkt kostet eine industriell gefertigte Galette
zwischen 4 und 12 Euro.) Die Bäcker geben sich wirklich große Mühe
bei der Herstellung und Gestaltung des Königskuchens. Immerhin macht der
Verkauf ungefähr 15 Prozent ihres Jahresumsatzes aus.
Ein
besonders geschäftstüchtiger Konditor aus einer kleinen Stadt nördlich
von Narbonne hat sich dafür auch etwas Besonderes ausgedacht. Von einem
Juwelier ließ er eine "Fêve" aus echtem Gold und eine aus
echtem Silber, verziert mit dem Wappen der Gemeinde, herstellen und "versteckte"
sie in seinen Galettes-des-Rois. Der Andrang war entsprechend groß und
seine tausend hergestellten Galettes waren in wenigen Tagen ausverkauft.
Noch ein kleines "Schmankerl" zum Schluß.
Ab 1975 wurde es auch zur Tradition dem Präsidenten der Republik eine
Galette-des-Rois zu schenken. Diese außergewöhnliche Galette mit
einem Durchmesser von einem Meter wurde dann zwischen dem Präsidenten und
den anwesenden Repräsentanten geteilt und gegessen. Allerdings verzichtete
man auf die "Fêve", damit, falls der Präsident dieses Stück
bekommt, er sich nicht zum König von Frankreich ausrufen kann. Die
Geschichte lässt grüßen.
©uew-2025-01