Leidenschaft Essen und Trinken
Produkte (überwiegend) aus
Frankreich
Das Croissant - ein Dank an Österreich
Na ja, so ganz stimmt das nicht mit den "Produkten
aus Frankreich". Die Wiege des Croissants ist wohl eher in Österreich
zu suchen, aber dazu später mehr. Denn was gibt es eigentlich Schöneres
- ein sonniger, warmer Morgen, blauer Himmel, eine schöne Tasse Kaffee und
ein frisches Croissant! Das ist es! Savoir-vivre!
Viele Frankreich-Urlauber schwärmen noch
monatelang davon und erzählen dabei von dem tollen französischen Hörnchen.
Doch kaum einer weiß, dass das Croissant eigentlich keine französische
Erfindung, sondern wahrscheinlich die "Großtat" österreichischer
Bäcker war, was aber historisch nie ganz belegt wurde.
1683 stand das türkische Heer vor Wien. Großwesir
Kara Mustapha Pascha belagerte mit 200 000 Mann die Stadt, die von 16 000 Söldnern
verteidigt wurde. Um die Stadt endgültig in die Knie zu zwingen, versuchten
die Türken einen unterirdischen Tunnel unter die Stadtmauern zu graben,
diesen mit Pulver zu füllen und so die Stadtmauer zu sprengen, um
leichteren Zugang zur Stadt zu erlangen.
Wie immer waren auch am 26.
August die Bäcker der Stadt ganz früh aufgestanden, um ihre Arbeit,
die Stadt mit Brot zu versorgen, zu beginnen. Da hörten sie seltsame verdächtige
Geräusche, die aus dem Untergrund kamen. Angeblich war es der Wiener Bäckermeister
Adam Spiel, der zusammen mit anderen Bäckern Alarm schlug und die
Verteidiger der Stadt darauf aufmerksam machte. Diese nahmen daraufhin die türkischen
Soldaten gefangen, die gerade dabei waren Sprengstoff unter den
Befestigungsanlagen zu deponieren. Ein gefährlicher Angriff wurde so mit
Hilfe der Aufmerksamkeit der Wiener Bäcker vereitelt.
Später
gelang es dann einem deutschen und polnischen Ersatzheer unter Führung des
Prinzen Eugen von Savoyen und des Polenkönigs Sobiesky die Türken in
die Flucht zu schlagen. Die Belagerung der Stadt war beendet. (Eine andere
Legende verlagert das gesammte Schauspiel in die ungarische Hauptstadt
Budapest.)
Um den Sieg über die Türken zu feiern, sollen
nun Wiener Bäcker ein besonderes Gebäck geschaffen haben, ein Hörnchen,
das an ihre "Heldentat", die Stadt gerettet zu haben, erinnern sollte.
Die Hörnchenform soll an den Halbmond, dem Wahrzeichen der türkischen
Flagge oder den sog. Krummsäbel der türkischen Besatzer angelehnt
sein.
Es dauerte dann aber noch mehr als 100 Jahre, bis das "Hörnchen"
französischen Boden betrat. Als die habsburgische Prinzessin Marie
Antoinette (die Tochter von Kaiserin Maria Theresia von Österreich) im Jahr
1770 nach Paris zog, um dort den künftigen König Ludwig XVI. zu
heiraten, nahm sie in ihrem Hofstaat auch einen Bäcker mit, der ihr in der
Fremde nicht nur die heimischen Speisen kochen, sondern auch das gute Hörnchen
backen sollte.
Und wie heute noch üblich, so wollte auch damals
das "gemeine" Volk ein bisschen von dem Glanz der Mächtigen
abhaben - und so kam das Hörnchen, jetzt Croissant genannt (der Name soll
von "lune croissante" - aufgehender Mond, Halbmond stammen), in die
französischen Bäckereien.
Früher war das Croissant etwas besonderes. Man aß
es nur an Sonn- oder Feiertagen, wie uns französische Freunde erzählten.
Heute ist das Croissant wie die Brioche oder das Pain au chocolat klassischer
Bestandteil des (zweiten) französischen Frühstücks.
Die Zutaten für ein Croissant sind relativ
einfach: Mehl, Hefe, Milch, Zucker, Butter, eine Prise Salz und zum Bestreichen
ein Ei und Wasser. Die Herstellung dagegen ist schon recht kompliziert und
zeitaufwendig. Der Teig, ein Mittelding aus Hefeteig und Blätterteig (so ähnlich
wie ein Plunderteig) ist noch gut und schnell herzustellen. Die Verarbeitung
dagegen dauert schon viel länger und bedarf einiger Kenntnisse. Mehr als 50
Punkte sind nach Angaben von Bäckern dabei zu berücksichtigen: von der
Auswahl des Mehls und der Butter, der Garzeit, der Fermentationszeit, der
Ruhephasen des Teigs bis zur Hitze des Ofens usw. Kein Wunder also, dass immer
weniger Bäcker das geliebte Hörnchen vollständig selbst
herstellen. Man nimmt an, das ca. 80 % der in Bäckereien gekauften
Croissants gefrorene Industrieprodukte sind, die nur noch aufgebacken werden müssen.
Und das entscheidet dann schließlich auch über den Preis.
Einer der großen Industrie-Produzenten für
Croissant-Rohlinge ist die Bridor-Gruppe im bretonischen Rennes. Sie soll täglich
mehr als 500 000 Rohlinge herstellen (nach eigenen Angaben nur aus hochwertigen
Rohstoffen) und tiefgefroren in die ganze Welt exportieren.
Aus Kostengründen verwenden manche Bäcker
bzw. Hersteller von Back-Rohlingen anstelle von Butter lieber die billigere
Margarine. Sie werden dann als "Croissant nature" vekauft. Man
schmeckt den Unterschied. Um nicht enttäuscht zu sein, verlangt man beim Bäcker
"Croissants au beurre".
©uew-2021-02