Leidenschaft Okzitanien
Sehenswertes in Okzitanien
La Tour Carbonnière in
der Nähe von Aigues-Mortes
Der "Tour Carbonnière" diente als
Wachturm auf dem damals einzigen Landweg nach Aigues-Mortes. Er befindet sich
auf dem Gemeindegebiet von Saint-Laurent-d´Aigouze im Departement Gard
inmitten eines Sumpfes.
Um 1240 ließ Ludwig IX. über das Flüsschen
Vistre eine Brücke bauen, die die Stadt mit dem Norden des Königsreiches
verband und damit den Transport von Menschen, Waren und Material zum Hafen des
aufstrebenden Ortes Aigues-Mortes ermöglichte. Nachdem dort die
Befestigungsanlagen von Philipp III., dem Kühnen, und Philipp IV., dem Schönen,
beendet waren, wurde auf der Brücke ein Turm errichtet, der die Stadt gegen
einen möglichen Angriff auf dem Wasserweg (der Fluss Vistre war damals
schiffbar) oder dem Landweg schützen sollte. Ein genaues Errichtungsdatum
ist nicht bekannt, aber in einem Schriftstück aus dem Jahr 1346 wird der
Turm als Verteidigunsbauwerk genannt. Errichtet wurde der Turm aus den gleichen
Sandsteinen, die auch für die Festungsanlagen von Aigues-Mortes verwendet
wurden, einfach, funktional, ohne großartigen Verzierungen.
Zunächst übernahmen die Mönche von
Psalmodi aufgrund ihrer räumlichen Nähe die Wachaufgabe, kümmerten
sich um die Instandhaltung und erhoben eine Maut für alle, die auf dem
Landweg nach Aigues-Mortes wollten (ausgenommen davon waren die Bewohner der
Stadt und ihre Familien, Adelige, Geistliche, Ärzte und Soldaten des Königs).
Später übernahmen Soldaten aus Aigues-Mortes unter der Führung
eines "Capitaine de la Tour Carbonnière" diese Aufgabe. Der
Turm wurde wehrfähig ausgerüstet, mit einem Aufenthaltsraum zwischen
Durchgang und obiger Terrasse für die Wachmannschaft und für die
Lagerung von Verpflegung, Waffen und Munition. Von da aus konnte man auch das
Fallgitter, das das Tor verschloss, bedienen. Bis zu vier Kanonen wurden auf der
Terrasse stationiert und kontrollierten das Vorfeld.
Der Turm hat eine sehr wechselhafte Geschichte. So gab
es viel Ärger und Aufregung über die ständig wechselnden Mautgebühren,
die dann ganz oder teilweise von den "Capitaines" einbehalten wurden.
Während der Religionskriege war der Turm mal in katholischer, mal in
protestantischer Hand, ermöglichte er doch den Zugang zu Aigues-Mortes.
Erst der Frieden von Alès im Jahr 1629 beendete diese ständigen
militärischen Auseinandersetzungen.
Viele Jahrhunderte lang führte der Weg mitten
durch das Tor des Turms. Mit dem zunehmenden Verkehr wurde der Durchgang aber
viel zu eng, so dass ein Abriss diskutiert wurde. Gottseidank entschied man,
dies nicht zu tun, sondern zwei Arme links und rechts des Turms zu errichten und
den Verkehr so zu erleichtern.
Nach aufwendigen Instanhaltungsarbeiten und
Sicherungsmaßnahmen kann der Turm heute über eine Wendeltreppe
bestiegen werden. Von der Terrasse aus hat man einen schönen Ausblick auf
die nahegelegenen Salinen, das Sumpfgebiet der "Petite Camargue" mit
all seiner Vogelpracht (z.B. Flamingos) und den Cevennen am Horizont. Ein
Parkplatz, ca. zweihundert Meter vor dem Turm und ein Steg durch das Sumpfgebiet
ermöglichen einen leichteren und sichereren Zugang zu dem beeindruckenden
Bauwerk, das schon 1889 in die Klassifizierung der historischen Denkmäler
(Monuments historiques) aufgenommen wurde.
©uew-2023-03