Leidenschaft Okzitanien
Sehenswertes in Okzitanien
Les cabanes des pêcheurs -
Die Fischerhütten von Gruissan
In dem kleinen Fischerdorf am Étang de l´Ayrolle,
nicht weit von den Salinen der Île Saint-Martin in Gruissan entfernt,
glaubt man, dass die Zeit stehen geblieben ist. Dutzende kleiner Fischerhütten,
wie sie früher errichtet wurden, teilen sich den Platz direkt am Wasser mit
kleinen Fischerbooten, zum Trocknen ausgelegten Netzen und Reusen, Bojen,
Seilen, Staken, Eimern und Körben und allem eben, was zum Fischen benötigt
wird. In der Ferne sieht man die Pyrenäen über dem Blau des Meeres,
manchmal glatt, wie ein Spiegel, manchmal aufgewühlt und unruhig vom Wind,
der hier Cers genannt wird.
Der Étang de l´Ayrolle ist wie ein
Binnensee, nur durch eine kleine Rinne, dem "Grau de la Vielle Nouvelle"
("Grau" ist ein okzitanischer Begriff für Kanal, Öffnung,
Verbindung...) mit dem Mittelmeer verbunden (übrigens einer der letzten
naturbelassenen "Graus" des Golfe du Lion). Bei Wind vom Meer wird
Wasser in den Étang "gepumpt", bei Landwind ist es umgekehrt.
Dadurch wird das Wasser bewegt (die Fischer sprechen von "Atmen") und
kann sich so selbst reinigen. In dem nicht allzu tiefen Étang ist daher
der Artenreichtum der Meeresbewohner im Boden sehr hoch, was wiederum für
die Fische Grund ist, sich hier aufzuhalten. Schon frühzeitg erkannte man
den Fischreichtum in diesem Gewässer, so dass Fischfang eine lange
Tradition hat.
Für die Fischer ist der Fischfang eine harte,
anstrengende und lange Arbeit. Am Abend fahren sie zu den Plätzen, die
mehrmals im Jahr verlost werden, und bringen ihre 40 bis 50 cm hohen Netze, oft
bis 100 Meter lang, aus und befestigen sie mit Staken. Mit diesem und einem
zweiten Netz errichten sie eine Art Trichter in deren Mitte eine immer enger
werdende Reuse angebracht ist, in der sich die Fische fangen. Am frühen
Morgen werden diese dann an Land gebracht in der Hoffnung, dass der "Fang"
sehr zahlreich ist. Das alles geschieht auch heute noch ausschließlich mit
Muskelkraft und passiert bei fast jedem Wetter, ob die Sonne scheint, ob es
regnet oder ob der Cers (Landwind) oder der Marin (Meerwind) ordentlich bläst.
Wahrlich, keine leichte Arbeit.
Gleich nach der Anlandung verkaufen sie ihre noch
zappelnden Fische, Doraden, Seezungen, Barben, Goldbrassen, Meeräschen,
Wolfsbarsche, Aale ganz frisch an die Kunden, die die Qualität und Frische
sehr schätzen. Auf Wunsch werden die Fische auch ausgenommen und zerlegt.
Frischer geht nicht!
Auch wenn sich das Ökosystem des Mittelmeeres
verschlechtert hat, gibt es noch genügend Fisch im Étang de
l`Ayrolle. Auch deswegen, weil die Fischer die Laich- und Schonzeiten beachten,
die Maschenöffnung der Netze groß genug lassen, damit junge Fische
nicht gefangen werden, und durch Einsetzen von Laich und Jungfischen für
eine neue Aufzucht sorgen. Neben der Frische und Qualität ein weiterer
Grund Fisch hier zu kaufen und nicht im Supermarkt, wo man nicht genau weiß,
woher der Fisch kommt und unter welchen Bedingungen er gefangen wurde.

©uew-2023-03