Leidenschaft Okzitanien
Sehenswertes in Okzitanien
Les Pilotis de Gruissan - Die
Stelzenhäuser von Gruissan
Mitte des 19. Jahrhunderts kam auch bei den Franzosen
und Französinnen das Baden im Meer immer mehr in Mode und es begann der
Badetourismus in Gruissan. Bewohner aus Narbonne und dem Umland bauten einfache
Holzhütten, um während der Sommermonate eine Unterkunft direkt am Meer
zu haben. Zunächst baute man sie ebenerdig, aber das Meer riss sie immer
wieder mit. Um dem Wasser die Möglichkeit zu geben sich ungehindert
ausbreiten und sich wieder zurückziehen zu können, baute man diese Häuschen
schließlich auf Stelzen. Das war die Geburtsstunde der sog. "Pilotis",
der Stelzenhäuser, heute bezeichnet als die "Chalets de Gruissan".
1820 hatte die Gemeinde Gruissan das Gelände
erworben und für die Schafzucht zur Verfügung gestellt. Als um 1870
immer mehr Menschen das Meer nutzten und der Zugang befestigt war, so dass der
Weg das ganze Jahr befahrbar war, eröffnete der Caféhaus-Besitzer
Achille Gibert am Rande der Ansiedelungen ein erstes Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeiten,
Umkleidekabinen und Ställen (denn damals reiste man noch mit der Kutsche).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die "Siedlung"
auf über 600 Häuschen angewachsen, auch gab es mehrere Cafés
und Geschäfte für den täglichen Bedarf. Das Strandleben lockte
immer mehr Menschen an den wunderschönen feinsandigen Strand von Gruissan.
1943 besetzten die deutschen Truppen den Strand. Aus
Angst vor einer Landung der Alliierten zerstörten sie einen Großteil
der Chalets, verminten das Gelände und errichteten Bunker und Sperren aus
Stacheldraht und Zementblöcken. Gleich nach dem Ende des Krieges
beseitigten Anwohner und Fischer die Hinterlassenschaft der Deutschen und 1948
konnte auch dank der Entschädigungen für Kriegsschäden mit einem
raschen Wiederaufbau begonnen werden, was zahlreiche Arbeitsplätze schuf
und eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinde Gruissan war. Diese beschloss
daraufhin die bisherigen sechs Reihen um vier weitere zu erweitern, sodass 1964
in den zehn Reihen 1020 Chalets entstanden waren. Dazu wurden Deiche zum Schutz
vor dem Wasser gebaut und auch die Straße zum Ort wurde weiter ausgebaut.
Weltweit bekannt wurden die Chalets durch den 1985 von Jean-Jacques Beineix
gedrehten französischen Kultfilm "Betty Blue - 37,2 Grad am Morgen",
dessen Handlung überwiegend in einem dieser Chalets spielt. Wer den Film
kennt, weiß, warum man heute dieses Chalet nicht mehr findet.
Heute sind in elf Reihen 1330 Chalets angeordnet, wobei
einige nicht mehr nur als Sommerresidenz dienen, sondern ganzjährig bewohnt
sind. Dazu haben sich eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés ebenso
angesiedelt wie Geschäfte mit Dingen des täglichen Lebens.
In den letzten Jahren wurde die Vermietung der Chalets
an Urlaubsgäste eine wichtige Einnahmequelle. Jedes Jahr zieht es viele
Tausende von Urlaubern an den Strand von Gruissan und den malerischen Ort mit
den verwinkelten Gässchen, den Straßencafés und kleinen Geschäften,
der Saline und der Burgruine Tour Barberousse. Vielzähligen
Veranstaltungen, es sei hier nur erwähnt das dreitägige okzitanische
Straßenfest "Festjades", machen Gruissan immer wieder zu einem
Erlebnisort.
©uew-2023-10