Leidenschaft Okzitanien
Sehenswertes in Okzitanien
Die Ruinen der Abtei von
Alet-les-Bains - Les ruines de l'abbaye d'Alet-les-Bains
Alet-les-Bains ist ein kleiner Ort im Departement Aude
südlich von Carcassonne. Hier befindet sich die Ruine der Abtei
Sainte-Marie d´Alet, angeblich die "schönste Ruine in ganz
Frankreich". Sie wurde wahrscheinlich im Jahr 970 von Benediktinermönchen
unter dem Abt Benoît gegründet.
Nachdem die Abtei 1058 bei einer kriegerischen
Auseinandersetzung zwischen dem Erzbischof Guifred von Narbonne und dem Grafen
von Carcassonne ziemlich verwüstet wurde, ließ Abt Pons Amiel die
Abtei und den dazugehörigen Ort befestigen und schaffte so mehr Sicherheit
für die Mönche und die Bevölkerung.
In den darauffolgenden Jahren wurde die Abtei mit einem
Kreuzgang, einem Kapitelsaal, einem Refektorium und einer Abtei-Kirche und
weiteren Gebäuden ausgebaut. Im 11. und 12. Jahrhundert erlebte die Abtei
ihre Blütezeit, die zahlreiche Pilger anzog, wohl auch deswegen, weil seit
1054 hier eine Reliquie des Heiligen Kreuzes aufbewahrt worden sein soll. Ihr
Wohlstand machte sie zur einflussreichsten und mächtigsten Abtei in der
ganzen Region.
Als dann der Glaube der Katharer in Südfrankreich
immer mehr Zuspruch erhielt, schlossen sich auch die Mönche der Abtei von
Alet-les-Bains und ein Großteil der Bevölkerung dieser
Glaubensrichtung an. Schutz gegen die königlichen Truppen unter Simon de
Monfort suchten und fanden sie bei ihrem Landesherrn, dem Grafen von Carcassonne
und Beziers, dem Vicomte Trencavel. Die Mönche der Abtei wurden daraufhin
alle exkommuniziert. Erst Jahrzehnte später erhielten die überlebenden
Mönche wieder die Erlaubnis, in ihre alte Abtei zurückzukehren.
Um leichter die Kontrolle über die "ketzerischen"
Mönche und die Bevölkerung ausüben zu können (Montségur,
Queribus und andere ehemalige Katharerfestungen waren ja nicht allzu weit
entfernt), beschloss Papst Johannes XXII. das Erzbistum Narbonne (zu dem auch
Alet-les-Bains gehörte) und das seiner Meinung nach zu groß war, um
es kontrollieren zu können, aufzuspalten. Er plante u.a. Limoux mit der
Kirche Saint-Martin zu einem neuen Bistum zu ernennen und die Kirche zur
Kathedrale zu erheben.
Doch er hatte nicht mit dem Widerstand der Nonnen von
Prouilhe gerechnet, die vom Heiligen Dominikus das Recht erhalten hatten, alle
Einnahmen aus diesem Gebiet selbst zu verwalten. So verklagten die Nonnen den
Papst und erhielten Recht. So blieb dem Papst nichts anderes übrig, als auf
ein Bistum Limoux zu verzichten. Dafür machte er 1318 Alet-les-Bains zum
Bistum und erklärte die Abteikirche zur Kathedrale. (Limoux blieb bei der
Diözese Narbonne).
In mehreren Bauabschnitten wurden die Abtei und vor
allem die Kathedrale weiter ausgebaut und erweitert bis sie die gigantische Größe
erreicht hatte, die man heute noch erkennen kann. Und auch beim Dekor und den
Ausschmückungen wurde nicht gespart. Das Mittelschiff, die Seitenschiffe,
der gotische Chor, der Kapitelsaal, das Refektorium, das Eingangsportal waren
gigantisch und rufen noch heute, wenn auch teilweise nur noch Ruinen vorhanden
sind, Bewunderung hervor. Und wenn dann noch die Sonne vom tiefblauen Himmel
(wie hier fast immer) auf die kupfer- und ockerfarbenen Sandsteine scheint,
versteht man warum man die Ruine der Abtei Alet-les-Bains als "die schönste
Ruine Frankreichs" tituliert.
Die Religionskriege zwischen den protestantischen
Hugenotten und den Katholiken beendeten die glorreiche Zeit der Abtei Alet. 1577
belagerten und eroberten die protestantischen Truppen den Ort und zerstörten
und plünderten schließlich die Abtei und ließen die großartige
Kathedrale und viele Nebengebäude in sich zusammenstürzen. Die nach
dem Ende der Kriege eingesetzten Prälaten zeigten kein Interesse am
Wideraufbau, ja weigerten sich sogar in diesem Bistum zu residieren.
Eine Ausnahme machte allerdings Nicolas Pavillon, der
mit viel Hingabe auch in der zerstörten Abtei sein Amt ausführte. Er
wurde 1637 zum Bischof von Alet berufen und blieb es bis zu seinem Tod 1677,
also 40 Jahre. In dieser Zeit scheute er nicht die Auseinandersetzung mit der
Obrigkeit und kümmerte sich um seine große Leidenschaft, die Bildung,
auch der Mädchen, was zur damaligen Zeit eher ungewöhnlich war. Seine
Diözese war die einzige in Frankreich, die ebenso viele Mädchenschulen
wie Jungenschulen hatte. Neben einem Priesterseminar ließ er von gläubigen
Laienfrauen, sog. Regenten, die Mädchen im Katechismus, der christlichen
Lehre, dem Lesen und Schreiben und dem Nähen und Spinnen unterrichten. Da
er sich auch sehr um den Ort kümmerte, er ließ u. a. ein
Hospiz-Krankenhaus bauen, Häuser und Straßen reparieren und eine Brücke
über den Fluß Aude bauen, war er im Dorf und seinem Bistum sehr
anerkannt und beliebt, was zu seinem Spitznamen "Monsieur d`Alet" führte.
Aber auch er schaffte es nicht, die zerstörte Kathedrale wieder aufzubauen
und die Abtei zu alter Blüte zurück zu führen.
Im Rahmen der Französischen Revolution wurde die
Diözese schließlich aufgelöst und 1801 der Bischofssitz von Alet
abgeschafft. Das Gebiet wurde unter den Diözesen Carcassonne, Perpignan und
Toulouse aufgeteilt.
Geblieben ist die Ruine der Abtei, die aufgrund seiner
beeindruckenden Relikte, der Bildhauerkunst, der noch vorhandenen Ornamente und
der Vermischung der verschiedensten Baustile (gotische und romanische Elemente)
bereits 1862 in die Liste der historischen Denkmäler eingestuft wurde (als
eine der ersten in Frankreich).
Direkt neben der alten Abtei befindet sich die im südgotischen
Stil erbaute Pfarrkirche Saint-André aus dem 14. Jahrhundert. Sehenswert
sind hier vor allen das Renaissanceportal, zahlreiche Benediktinerfresken und
die Rosettenfenster.
Alet-les-Bains ist auch bekannt durch das
Mineralwasser, das reich an Kalzium, Magnesium, Bikarbonat und zahlreichen
Spurenelementen ist. Schon die Römer schätzten das Wasser, das aus den
Pyrenäen kommt, wegen der heilenden Wirkung bei Stoffwechsel- und
Verdauungsstörungen. Sie ist eine der ergiebigsten Quellen in ganz
Frankreich und viele Bewohner bedienen sich auch heute noch an der frei zugänglichen
Quelle.
Angeblich lebte auch der Prophet und Astrologe
Nostradamus (Michel de Nostredame) in seiner Jugendzeit in Alet-les-Bains. Sein
Familienhaus ("Maison de Nostradamus") kann besichtigt werden.
Weitere Informationen findet man auf der Homepage von
Alet-les-Bains und auf der Homepage von
Pays Cathare
©uew-2024-01