"Il est une terre privilégiée" ("Es
ist ein bevorzugtes Land") heißt es in einer Broschüre über
das Departement Aude - und man kann dem nur zustimmen! Meer und Berge gleich
nebeneinander, weite, abwechslungsreiche, interessante und spannende
Landschaften, Burgruinen und Schlösser aus der Katharerzeit, ehrwürdige
Klöster, Sehenswürdigkeiten, die die UNESCO zu Weltkulturerben ernannt
hat wie der Canal du Midi oder Carcassonne, unberührte Natur mit einer
riesigen Artenvielfalt und dem Zirpen der Grillen in der nach Lavendel, Thymian
und Rosmarin duftenden Garrigue.
Überall prächtige Weinfelder und imposante
Weinkeller mit Weinen, die sich nicht mehr verstecken müssen und
international Anerkennung erfahren, gemütliche Dörfer und Städte,
in denen die Wochenmärkte und Markthallen die Wünsche aller
Feinschmecker erfüllen, hervorragende Restaurants, in denen Küchenchefs
ihr Können beweisen (und vom Guide Michelin dafür mit so manchem Stern
ausgezeichnet werden), einem reichhaltigen und abwechslungsreichen Kulturleben
und natürlich den vielen netten Menschen, die, wenn sie ihre natürliche
Zurückhaltung aufgegeben haben, herzlich, sehr freundlich und hilfsbereit
sein können und sich dann an 300 Sonnentagen im Jahr erfreuen. Wer hier
leben kann, darf sich glücklich schätzen und sich täglich der Schönheit
dieses Departements erfreuen.
Das Departement Aude hat schon sehr früh eine
geschichtliche Rolle gespielt. Da waren zum Beispiel die Römer. Kaiser
Domitius errichtete schon 118 v. Chr. "Colonia Narbo Martius" (heute
Narbonne), die Hauptstadt der römischen Provinz Gallia Narbonensis. Überall
hinterließen sie ihre Spuren. So wurden bei Ausgrabungen auf dem
Marktplatz von Narbonne Überreste der alten Römerstraße Via
Domitia gefunden. Sie verband Norditalien mit den von den Römern eroberten
Gebieten in Spanien.
Nach den Römern übernahmen die Barbaren das
Gebiet, die dann von den Westgoten vertrieben wurden. Im Jahre 711 n. Chr.
landeten die Mauren in Gibraltar und nahmen Spanien und große Teile des
heutigen Südwest-Frankreichs in ihren Besitz. Narbonne wurde 720 von den
Arabern erobert und zu einer bedeutenden Festung ausgebaut. Aber auch die
arabischen Tage waren gezählt. Bereits um 760 n. Chr. wurde das ganze
Gebiet als "Gotische Mark" dem Frankenreich einverleibt. Nach dem Tode
Karls des Großen entstanden dann mehrere kleinere, aber selbstständige
Grafschaften im ganzen Südwesten Frankreichs. Bedeutung erlangten schließlich
die Grafen von Toulouse, die sich auch das Herzogtum Narbonne einverleibten.
Um 1100 n. Chr. schlossen sich immer mehr "einfache"
Menschen aber auch Adelige des Midi einer "neuen" Glaubensauffassung
an: den der Katharer. Die Lehre der Katharer stammt wohl aus Persien. Sie lehnte
die katholische Kirche ab, da sie ihrer Meinung nach dem Teufel verfallen war,
was sichtbar wurde in der Verschwendungssucht, der weltlichen Lebensart und der
Prasserei vieler geistlicher Herren. Die Katharer selber dagegen lebten so
einfach wie möglich, verzichteten auf alles Irdische und lehnten die Anhäufung
von Reichtümern ab. Sie lehnten die Sakramente der katholischen Kirche
ebenso ab wie deren Heilige und Jesus Christus als den Erlöser. Ihre eigene
Struktur sah Bischöfe, gewählt aus den eigenen Reihen, und geografisch
geordnete Bistümer vor. Jeder Gläubige, ob Mann oder Frau, konnte zum
Vollkommenen ("Parfaits" oder "Bonshommes") aufsteigen, was
das Ziel der Anhänger war. Für die katholische Kirche war damit ihre
Vorherrschaft bedroht und vor allem auch ein Verlust an ihren Einnahmen. Nach
anfänglichen Verurteilungen Einzelner und Verhängung des Kirchenbanns,
rief 1208 Papst Innozenz III. zu einem Kreuzzug gegen die Katharer auf,
bereitwillig unterstützt von den französischen Königen. Grausam
und martialisch wurden die Katharer verfolgt und zu Zehntausenden getötet
oder in den (Feuer)-Tod getrieben. "Tötet sie alle, der Herr wird die
Seinen schon erkennen", war die Parole. Die Spuren dieser grausamen und
schrecklichen Zeit der Katharerverfolgung sind noch heute im Departement Aude überall
sichtbar.
Jahrelang dauerte es, bis Katharerburgen wie Quéribus,
Peyrepertus oder Montségur im benarchbarten Departement Ariège
eingenommen worden waren. Die verbleibenden Katharer flüchteten in den
Folgejahren aus Angst vor der Inquisition ins Ausland. Und mit der Verbrennung
des letzten bekannten Parfaits, Guillaume Bélibaste 1321 auf dem
Scheiterhaufen in Villerouge-Termenès war die Häresie der Katharer
im Süden Frankreichs endgültig besiegt.
Nutznießer des
Kreuzzuges gegen die Katharer war die französische Krone, die ihren
Machtbereich jetzt im Languedoc bis zum Mittelmeer ausdehnen konnte. Das
Roussillon hingegen wurde dem Königreich von Mallorca zugeschlagen. Und das
Departement Aude lag genau in der Mitte dieser beiden Einflußgebiete.
Neben der Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Spanien um die Pyrenäengrenze
(Frankreich erhielt schließlich im sog. Pyrenäenfrieden 1659
Roussillion und auch Cerdagne zugesprochen), war es wieder einmal die Religion,
die für große Spannungen im Süden Frankreichs sorgte: die
Auseinandersetzung zwischen den Protestanten und Katholiken. Erst das Edikt von
Nantes befriedete (vorerst) beide Seiten bis der Aufstand der Kamisarden
(Camisards), der Hugenotten aus den Cevennen, 1702-1704 zu einem blutigen
Glaubenskrieg führte. Erst die französische Revolution löste
diesen Konflikt bei der Einteilung in die Departements endgültig. Auch
unter Napoleon spielte der Süden Frankreichs eine eher untergeordnete Rolle
und gerät durch weitere Zentralisierung noch mehr ins Abseits, was sich bis
heute bei der einheimischen Bevölkerung in der Ablehnung "der Pariser
aus dem Norden" wiederspiegelt. Daran änderte auch Mitterands
Dezentralisierungsgesetz nur wenig.
Wenn man über die Geschichte des Departements Aude
Infos sammelt, so gehören m. M. n. drei weitere Punkte unbedingt dazu:
Nach Angaben des "Institut national de la
statistique et des études économiques" (INSEE), vergleichbar
mit dem deutschen Statistischen Bundesamt, lebten 2009
- im französischen
Gesamtgebiet (France métropolitaine + DOM) 64 304 500 Menschen - in
der Region Languedoc-Roussillon 2 610 890 Menschen - im Departement Aude
353 980 Menschen (das entspricht 0,55 Prozent der Gesamtbevölkerung
Frankreichs).
Mit 51,8 Prozent überwiegt das weibliche
Geschlecht. Die Lebenserwartung liegt bei den Frauen bei 84,4 Jahren, bei den Männern
bei 77,7 Jahre. (Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Lebenserwartung im
gleichen Erhebungszeitraum für Frauen bei 82,6 Jahre, bei Männern bei
77,4 Jahre, ob das an dem "savoir vivre", der gesunden Umwelt oder der
Ernährung liegt oder gar an dem guten Rotwein, mag ich nicht zu
beurteilen.)
Altersstruktur im Departement
Aude im Jahre 2009
Alter
Bevölkerungsanteil
25 Jahre und jünger
27,1 %
zwischen 25 und 59 Jahren
44,2 %
60 Jahre und älter
28,7 %
Zum Schluss noch eine Zahl: 2010 erblickten in Aude 3761
Mädchen und Buben das Licht der Welt.
Zusammen mit den Departements Lozère, Gard, Hérault
(34) und Pyrenées-Orientales (66) bildet Aude die Region
Languedoc-Roussillon. Weitere Nachbar-Departements sind Ariège (09),
Haute-Garonne (31) und Tarn (81). Aude hat seinen Namen vom gleichnamigen Fluß,
der in den Hochpyrenäen im Gemeindegebiet von Les Angles entspringt und an
der Grenze zu Herault im Gemeindegebiet von Fleury ins Mittelmeer mündet.
Aude selbst gliedert sich in sieben Gebiete: Montagne
Noir, Corbières-Fitou, Pyrénées-Audoises, Lauragais,
Narbonnais, Minervois und Carcassonnais. Es besteht aus 35 Cantons (vergleichbar
etwa mit den deutschen Landkreisen) und 3 Arrondissements (Bezirke):
Carcassonne, Narbonne und Limoux. Die Bevölkerung lebt in 438 Communes
(Gemeinden), wovon 417 Gemeinden weniger als 2000 Einwohner haben, 17 zwischen
2001 und 10 000 und vier Gemeinden zwischen 10 001 und 49 999 Einwohner.
Hauptstadt (préfecture) ist Carcassonne (Einwohnerzahl: 46 216), Sous-Préfectures
sind Narbonne (Einwohnerzahl: 48 020) und Limoux (Einwohnerzahl: 10 170). Aude
hat die Departement-Nummer 11.
Aude lebt hauptsächlich vom Weinbau und vom
Tourismus. Nach Angaben der Departements-Verwaltung wurden 2001 mehr als 16 900
000 Übernachtungen registriert (und das bei ca. 315 000 Gästebetten).
Hauptanziehungspunkt ist natürlich das Mittelmeer - Aude hat 47 km Strände
- und das beständige mediterrane Klima mit mehr als 300 Sonnentagen. Aber
auch andere Sehenswürdigkeiten wie das Réserve Africaine de Sigean,
das Château Cantal de Carcassonne, die Abbaye de Fontfroide oder das Château
de Peyrepertuse erfreuen sich Jahr für Jahr an wachsender Besucherzahlen.
Mit ca. 100 000 Hektar Fläche ist Aude das
weinreichste Departement, Weinfelder so weit das Auge blicken kann. Produzierte
man bis vor 15 Jahren hauptsächlich auf Menge, so haben viele Weinbauern
der Region heute sehr hochwertige Weine entwickelt. Manche Corbières-
oder Fitou-Weine machen bereits den berühmten Bordeaux-Weinen Konkurrenz.
Und auch der biologische Anbau von Wein macht in Aude große Fortschritte -
als Beispiel seien hier nur die Weine von Louis Fabre genannt. Die
Weinproduktion und die Vermarktung sind ein wichtiger Arbeitsplatzgarant der
Region. (Siehe auch: Languedoc-Roussillon:
Das größte Weingebiet der Welt)
Daneben spielen noch die Fischerei (übrigens auch
die Huitre-Zucht zum Beispiel in Gruissan), die Landwirtschaft vor allem im nördlichen
Teil des Departements (Getreideanbau in Lauragais, Schafzucht in den Montagne
noir) und einige Industriezweige (Schuhe, Textilien, Lebensmittel) eine durchaus
bedeutende wirtschaftliche Rolle. Anzumerken sei noch, dass mehr als 75 % der
erwerbstätigen Bevölkerung in Aude im Dienstleistungsektor beschäftigt
ist, also auch direkt oder indirekt vom Tourismus abhängen.
Aude besitzt - mit Ausnahme des nördlichen Teils -
ein typisch mediterranes Klima. Also ein Klima mit trockenen heißen
Sommern und niederschlagsreichen aber milden Wintern. Frost gibt es nur ganz
selten.
Großen Einfluß auf das Wetter hat in Aude der
Wind. Die "Tramontane" - vor allem im Frühling und im Herbst zu
spüren - ist ein kalter Nordwind, der zwar die Wolken vertreibt - so sagen
die Einheimischen - aber Sturmstärke erreichen kann und unangenehm kalt
ist. Angenehm von der Temperatur dagegen ist der "Marin", ein oft stürmischer
südlicher Wind, der dazu führt, dass man glaubt das Meer stehe schon
direkt vor der Haustüre, weil die Wellen so laut zu hören sind. Schnee
ist in Aude - außer im gebirgigen Hinterland - eine Seltenheit für
wenige Stunden. Regen gibt es hauptsächlich im Winterhalbjahr, dann aber
kann es tagelang wie aus Kübeln schütten, kleine Bächlein werden
zu reisenden Strömen und schwere Überschwemmungen können
Menschenleben kosten und Haus und Hof vernichten (wie im Dezember 2003).
Dem Klima verdankt Aude nicht nur die ständig
zunehmende Zahl der sonnenhungrigen Touristen, die die mehr als 300 Sonnentage
des Jahres genießen und das aufgewärmte Mittelmeer (mit
Wassertemperaturen von oft 25 Grad im Hochsommer) schätzen, sondern auch
den hervorragenden Wein, der in diesem Klima prächtig gedeiht. Dank der
geringen Bevölkerungsdichte und der wenigen Industrie ist die Luft noch
rein und duftet dank der vielfältigen Pflanzenwelt, die in diesem
Klimabereich wächst, nach den Köstlichkeiten des Südens.