Der Olivenbaum (Olea europaea) ist eine der ältesten
Kulturpflanzen der Erde. Anbau und Nutzung haben seit Jahrtausenden im Süden
Europas Tradition. Seine Früchte, die Oliven, werden zu Olivenöl
verarbeitet oder nach längerer Behandlung zum Essen verwendet (frisch vom
Baum sind sie nämlich ungeniesbar). Schon Ägypter, Phönizier,
Griechen und Römer u.a. schätzten das Olivenöl und verwendeten es
in ihren Küchen.
Aber nicht nur, das Öl des Olivenbaums, oft auch Ölbaum
genannt, war Heilöl und "heiliges" Öl. Wunden wurden damit
ausgewaschen, die Häupter der Könige und Fürsten damit gesalbt
und zur Körperpflege und für die Schönheit wurde es verwendet (so
ließ Kleopatra regelmäßig ihren Körper mit Olivenöl
einreiben, damit ihre Haut schön weich und geschmeidig blieb). Die Sieger
der antiken olympischen Spiele erhielten einen Kranz aus geflochtenen
Olivenzweigen verliehen. Der Ölbaum ist Symbol des Friedens, der
Unsterblichkeit, der Weisheit, des Lichtes und der Reinheit. In vielen Mythen,
Legenden und kirchlichen Schriften spielt der Olivenbaum eine wichtige Rolle.
Erinnert sei nur an die Taube mit dem Olivenzweig im Schnabel als Symbol des
Friedens. Und noch heute findet man den Olivenzweig in der Fahne der UNO.
Oliven - "Kurtisane des
Pastis"
Ein bisschen Geschichte
Archäologische Funde von Kernen aus der Wildform
des Olivenbaumes weisen auf die Zeit vor etwa 9000 Jahren hin. Erste
Kultivierungsversuche dieser Pflanze sollen dann etwa 4000 v. Chr. in Kreta
stattgefunden haben. Angeblich gibt es dort auch einen Olivenbaum, der mehr als
3200 Jahre alt sein soll. Um 1500 v. Chr gibt es erste Nachweise über den
Anbau des Olivenbaumes in Ägypten. Heute weiß man, dass diese Pflanze
in allen Gebieten rund um das Mittelmeer wächst, überall dort, wo
keine extremen Klimabedingungen herrschen. Phönizische Händler sollen
dann den Ölbaum nach Europa gebracht haben. In Griechenland fand der Baum
eine neue Heimat und von dort "eroberte" er das ganze Gebiet rund um
das Mittelmeer. Auch nach Frankreich wurden die Olivenbäume um etwa 600 v.
Chr. in den Raum Massalia (heute Marseille) gebracht. Von hier aus breiteten sie
sich entlang der gesamten Nordküste des Mittelmeeres bis Spanien und
Portugal aus.
Die Spanier brachten um 1550 einen Ableger der Pflanze
dann nach Peru und die Franziskanermönche führten die Olive im 18.
Jahrhundert in Mexiko ein. Nach Australien und Südafrika gelangte der
Olivenbaum erst Ende des 19. Jahrhunderts.
Unzählige archäologische Funde und
Aufzeichnungen beschreiben den historischen Stellenwert des Ölbaumes. Die ägyptische
Göttin Isis soll einer Sage nach den Menschen die Olive nahe gebracht
haben. In der griechischen Mythologie war es dagegen Athene, denen die
Menschheit den Olivenbaum zu verdanken hat. Auch von der Göttin Minerva
wird berichtet, dass sie in einem Streit ihr Schwert in den Boden schlug, worauf
an dieser Stelle ein Olivenbaum wuchs. Sie soll so tief beeindruckt gewesen
sein, dass sie das Schwert gegen einen Olivenzweig eintauschte und seither
friedlich dahinlebte. Das Symbol des Friedens, der Olivenzweig - heute auch das
Symbol der Vereinten Nationen - war entstanden. Auch der Koran und die Bibel erwähnen
diesen Baum und ihre Frucht an vielen Stellen.
Anbau von Oliven
Der Olivenbaum ist eine immergrüne Pflanze. Rund
um das Mittelmeer findet er ideale Bedingungen: Trockene sonnenreiche Sommer,
aber nicht übermäßig heiß, und feuchte, kühle Winter,
wobei er starken, lang anhaltenden Frost nicht mag. Kalkböden fördern
das Wachstum. Es dauert mindestens fünf Jahre, bis der Baum erste Früchte
trägt. Einige Sorten folgen einem sog. Zwei-Jahres-Zyklus: ein Jahr trägt
er Früchte, im zweiten dienen diese Äste dem Wachstum. Die höchste
Fruchtbarkeit erreicht er im Alter von ca. 25 Jahren. Olivenbäume können
weit über 100 Jahre alt werden und auch so lange Oliven tragen. Ihre Höhe
beträgt zwischen drei und zehn Meter, wobei man sie ungern so hoch wachsen
lässt, weil das die Ernte erschwert.
Es gibt mehr als Hundert
Sorten von Olivenbäumen. Je nach Art, Alter und Jahreswetter kann der
Ertrag zwischen 30 und 100 kg, manchmal auch mehr, betragen. Die geernteten
Oliven unterscheiden sich im Geschmack des Fruchtfleisches, im Geruch und im Ölgehalt.
Im Mai und Juni blühen die Olivenbäume und erste ganz kleine Beeren
sind sichtbar. Im Laufe der folgenden Monate werden aus diesen die Früchte
mit Kern, die wir dann als Oliven bezeichnen. Je nach Anbaugebiet findet dann
von Oktober bis in den Januar hinein die Ernte, immer in Handarbeit, statt.
Frankreich und Oliven
Es waren die Römer, die erste Olivenhaine in der
Provence und im Languedoc anpflanzten. Durch lang anhaltende Kälteperioden
ging der Anbau dann zu Beginn des Mittelalters stark zurück. Es waren die
Benediktinermönche, die das Wissen um die Olive wieder aufleben ließen
und den Anbau dieser Pflanze forcierten. Bekannt für den Olivenanbau und
die Nutzung der Früchte ist heute noch das Benediktinerkloster "Abbaye
Sainte-Madeleine du Barroux" im Departement Vaucluse am Fuß des Mont
Ventoux. Im Februar 1956 führte erneut ein ganz starker Kälteeinbruch
zum fast vollständigen Niedergang der französischen Olivenproduktion.
Zehntausende von Olivenbäumen starben an den Minusgraden. Es dauerte
Jahrzehnte, bis in Südfrankreich wieder der Anbau von Oliven auch in größerem
Maßstab stattfand. (Unrühmlichen Anteil dabei hatte auch die EU, die
eher den Weinbau bevorzugte). Es waren wiederum die Mönche, die mit neuen
Sorten die Olivenkultur der Region neu belebten. Auch die regionalen
Departement-Verwaltungen unterstützten diese Bemühungen, um der
landwirtschaftlich geprägten Bevölkerungsstruktur neben dem Wein ein
zweites Standbein zu ermöglichen.
Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen in Frankreich rund
26 Millionen Olivenbäume, heute sind es gerade noch 5 Millionen. Angebaut
werden sie in den Regionen Provence-Alpes-Côte d`Azur, im südlichen
Teil der Region Auvergne-Rhône-Alpes, in Okzitanien und in Korsika. Vor
allem die Sorten "Picholine", "Négrette", "Lucques",
"Tanche", "Cailletier", "Olivière", "Salonenque",
"Béruguette", "Grossane", "Bouteillan" und "Cayon"
werden angebaut. Manche finden Verwendung als Speiseoliven (z. B. Picholine,
Lucques, Tanche), die anderen eher für die Ölproduktion.
Im
weltweiten Vergleich spielt Frankreich heute aber eine untergeordnete Rolle,
obwohl 90 % aller Olivenbäume der Welt (immerhin 830 Millionen) rund um das
Mittelmeer wachsen. Die weltweite Olivenernte betrug im Jahr 2019 rund 19,5
Millionen Tonnen, in Frankreich waren es gerade mal 27 000 Tonnen. In der
Rangliste der Olivenproduzenten nimmt Frankreich damit Rang 24 ein
(Spitzenreiter ist Spanien mit 6,6 Mill. Tonnen, gefolgt von Griechenland mit
2,3 Mill. Tonnen und Italien mit 2,1 Mill. Tonnen. - die Zahlen stammen von
2019).
Oliven können grün oder dunkel violett, fast
schwarz, geernet werden, je nachdem wie man sie verwenden will. Obwohl die
reifen Oliven sehr robust aussehen, sind sie sehr empflindlich. Verletzungen der
Frucht beeinträchtigen den Geschmack und das Aroma. Deswegen ist bei der
Olivenernte Handarbeit gefordert. Man pflückt sie direkt vom Bau oder schüttelt
den Baum kräftig, nachdem man Tücher darunter gelegt hat, damit sie
nicht den Boden berühren. Diese Arbeit ist natürlich sehr arbeits- und
kostenintensiv.
Nicht alle Oliven werden zu Öl gepresst. Ca. 10
Prozent der Ernte kommt als leckerer Appetitanreger auf den Tisch. Die Frucht
wird zumeist in eine leicht gesalzene Lake eingelegt, um die Bitterstoffe
(Oleuropein) herauszuziehen. (In Spanien legt man dazu die Oliven oft in
Holzasche ein.) In die Marinade kommen oft Kräuter wie Thymian, Rosmarin,
Fenchel, Salbei - manchmal auch ein guter Schuss Weiß- oder Rotwein -
Knoblauch, Olivenöl und andere Geheimnisse. Der Phantasie sind keine
Grenzen gesetzt. Immer häufiger findet man entsteinte Oliven mit einer Füllung
aus Paprika, Sardellen, Kapern oder Mandeln.
Oliven finden in der mediterranen Küche
vielseitige Verwendung. Sie geben das gewisse Etwas im Salat, schmecken als
Tapenade, für sich allein zum Baguette, finden Verwendung als Beilage bei
Gegrilltem und überbackenen Gerichten oder werden ganz einfach zum
Garnieren benutzt.
Und was ein "echter Franzose" ist, der
reicht seinen Gästen zum Aperitif ein Schüsselchen mit Oliven - den
Kurtisanen des Pastis. Denn beide gehören untrennlich zusammen.
Sonstige Verwendung des
Olivenbaumes
Vor langer Zeit war auch das Holz des Ölbaums
wichtiger Bestandteil des Lebens. Es diente als Brennmaterial für die
Speisenzubereitung und zum Heizen in kühlen Zeiten. Es wurde auch Holzkohle
daraus hergestellt, die man für (vor)-industrielle Zwecke, zum Beispiel
Schmelzen von Erz, benötigte. Da das Olivenholz ein sehr hartes Holz ist,
verwendete man es zur Anfertigung von Speeren für die Jagd und als Axtstile
für die Kriegsführung.
Heute wird Olivenholz wegen seiner schönen
Maserung und dem fast bernsteinfarbenen Glanz sehr gerne für Möbel,
Musikinstrumente, Dekorgeräte und Küchenutensilien verwendet. Es
vermittelt ein wenig das mediterrane Lebensgefühl. Außerdem ist es
sehr langlebig, hitzeverträglich und schnittbeständig, was vor allem für
Küchengeräte vorteilhaft ist. Es braucht wenig Pflege, ab und zu mit
einem Tropfen Öl eingerieben, hält es die Feuchtigkeit, damit es nicht
bricht und seine typische Farbintensität behält.
Auch die Kerne der Oliven werden heute genutzt. Der
Keim im Inneren der sehr festen Kerne ist reich an Vitaminen, Nährstoffen
und anderen wertvollen Stoffen. Durch Aufbrechen gewinnt man den Olivensamen (für
1 kg Olivensamen braucht man mehr als 1000 kg Oliven). Dieser wird als sog.
Superfood bezeichnet und kann zum Brotbacken oder als Gewürz für
Salate verwendet werden und soll sehr gesund sein. Gemahlene Olivensamen, sog.
Olivensamenmehl, findet in der feinen extravaganten Küche seine Anwendung.
Aufgrund der Herstellung allerdings ein sehr teures Gewürz.
Erwähnt werden soll noch, dass auch die Blätter
des Olivenbaumes in der Küche Verwendung finden. Als Olivenblättertee
ist er bestens geeignet, um Erkältungen vorzubeugen und zur schnellen
Heilung beizutragen. Auch soll er cholesterinsenkend, entzündungshemmend
und verdauungsfördernd sein.